Die Röhren-Infektion

So ein selbst gebastelter Verstärker hat schon was. Und man möge nicht meinen, wie ansteckend so etwas sein kann. Martin hatte irgendwo her einen Karton voller Röhren bekommen und weil er mir davon erzählte, habe ich ihm gleich animiert, sich doch mal etwas näher damit zu beschäftigen. Er könne ja mal damit beginnen zu ermitteln, bei welchen Röhren die Heizungen noch funktionieren. Und das tat er dann auch - und ward infiziert. Bei seinem nächsten Besuch bastelten wir ihm ein Versuchsbrett. Schnell war auch ein lohnendes Nachbau-Projekt gefunden, der auf Jogis Seite publizierte PCL81-Brüllwürfelersatz von
Johannes Schmitz. Die Bauteile fanden sich im wesentlichen in der Bastelkiste und die Röhren lagen gleich daneben. Mit einer großen Bastelkiste fuhr Martin dann nach Hause.

Kurze Zeit später kamen dann die ersten Erfolgsnachrichten. Die Spannungsverdopplerschaltung funktioniert. Aber beim Messen sind schon mal die 1N4148 abgestorben. Kann ja mal vorkommen und zum Glück kosten sie kein Vermögen. Dann die Nachricht, dass die Röhrenheizung mit Konstantstromquelle nicht so recht will, weil die Spannung dazu zu gering ist. Aber ein Vorwiderstand von 3,3 Ohm hat das Problem gelöst. Und wie nicht anders zu erwarten kam dann die Meldung - der Verstärker läuft. So wie Martin das am Telefon berichtete, war ich zunächst erstaunt. Eine solche Überzeugungskraft hätte ich dem kleinen Amp ja dann doch nicht zugetraut.

Bei unserem nächsten Besuch bei Martin machte ich dann erstmalig Bekanntschaft mit dem Gerät. Martin hatte seine Boxen an der Decke aufgehangen und den Verstärker an den PC angeschlossen. In seiner Bude war die Musik ausgesprochen laut und trotzdem von recht ordentlichem Klang. Ich war baff. Fast hätte ich vergessen ein paar Fotos zu machen.

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Das sieht doch schon mal alles sehr verheißungsvoll aus. Durch die Verwendung der kleinen Übertrager an Stelle der in der Orginalschaltung verwendeten Netztrafos konnte Martin auch auf die Kondensatoren zur Frequenzkorrektur verzichten. Nun aber war es an der Zeit, die Schaltung vom Versuchsbrett in ein Gehäuse zu setzen. In einer Reuselkiste fand sich ein passendes Aluminium-Gehäuse, dass einmal ein Modem beherbergte. Hier sollte der Verstärker rein.

Ich hatte gerade noch eine Lötösenleiste, die ich für einen anderen Versuch mit zwei Novalfassungen versehen hatte. Die passte gut in das Gehäuse, also war es beschlossene Sache. Ein weiterer Bauteilesatz ging zu Martin auf die Reise, denn es wäre schade, wenn er während der Bauzeit auf seinen kleinen Röhrenverstärker verzichten müsste.

Jetzt kam eine lange Durststrecke. Die Schaltung war schnell ein zweites mal aufgebaut. Für die mechanischen Arbeiten aber fehlte es Martin an Werkzeug. Also musste er mehrmals auf Besuchsreise gehen, bis alle mechanischen Arbeiten erledigt waren. Und in dem Gehäuse ging es eng zu. Immer wieder "Probe sitzen" der Bauteile, bis endlich alles passte.

Erste Probe, noch liegen alle Baugruppen neben dem Gehäuse. Es funktioniert. Der Klang ist noch nicht so berauschend, aber das schieben wir auf den Umstand, dass die Lautsprecherchassis einfach nur auf der Werkbank liegen. Damm mit viel List und Tücke, Fingerspitzengefühl und etlichen Flüchen alles in das Gehäuse eingebaut und Energie. Ernüchterung - ein Kanal geht nicht und der andere wird auch immer leiser. Also alles wieder raus aus der Kiste. Jetzt geht der zweite Kanal, trotzdem wird es leiser. Als ich mit der Messspitze an die Masse taste, ist alles wieder gut. Komischer Effekt. Also wieder alles ins Gehäuse und - ein Kanal geht nicht und der andere wird leiser.

Bedächtig schaut sich Martin die Sache an und nach einiger Zeit macht er mich darauf aufmerksam,. dass die kleine Lötösenleiste im Gehäuse recht krumm aussieht. Da liegt die doch bestimmt noch irgendwo auf und vielleicht schließt das die Signalmasse kurz. Es stellt sich heraus, genau so ist es. Also die Platine noch etwas tiefer gehängt und - beide kanäle gehen, werden aber leiser. Erst wenn man das messgerät dranhängt, läuft die Kiste. Prophylaktisch ersetzen wir noch mal die 1N4148 und schon läuft der Verstärker sauber. Uff, Schweißperlen von der Stirn abwischen und finaler Zusammenbau. Und dann einige Stunden Probebetrieb. Alles bestens. Also Fotosession und dann - klar, Pläne für das nächste Projekt geschmiedet ...
Hier noch ein paar Aufnahmen von dem Verstärker.

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letzte Bearbeitung: 10.02.2011
Autor: Jürgen Uhlich